Sicherheit auf Fraport

 

Spätestens seitdem zivile Flugzeuge in Ziele gesteuert worden sind, um sie zu zerstören, muss die Wiederholung einer Flugzeugentführung, die die Zerstörung eines AKWs zum Ziel haben könnte, absolut ausgeschlossen werden.

Wenn es jedoch jedem x-Beliebigen gelingt, mit geringem Aufwand die sensiblen Bereiche des Flughafens Frankfurt zu betreten – und darum kreisen die Artikel in der Offenbach Post, in der Frankfurter Neuen Presse, im Spiegel oder in der Süddeutschen Zeitung vom 18. Februar 2002, wenn es zudem jedem x-Beliebigen leicht gelingt, weitaus gefährlichere Waffen mit an Bord schmuggeln, als vor ein paar Wochen für einen vernichtenden Schlag benutzt wurden, wenn es - wie gesehen -, nicht viel an Wissen bedarf, um aus einem Großraumflugzeug eine Waffe von der Dimension einer Interkontinentalrakete zu machen, wenn ein Flughafenbetreiber, der jeden Tag 100.000 Menschen durchschleust und auf dessen Gelände sich 60.000 Menschen tummeln, gar nicht in der Lage ist, Sicherheit herzustellen – dann haben wir eine Unvereinbarkeit von existentieller Dimension: 

Entweder AKWs oder Flugverkehr. Wer beides vereinbaren will, nur um seinen Börsenkurs nicht zu gefährden, spielt mit dem Leben von Millionen.

Bis zum 18. Februar 2002 konnte die offene Diskussion dieses Problems, die am 2. November 2001 abrupt in allen Zeitungen abgebrochen worden ist, verhindert werden. Wir brechen zusammen mit der Offenbach Post und dem Spiegel das Schweigen. Die BIL  wird die Bürger aufklären, warum sie sich in einer historisch höchst einmaligen und mehr als bedenklichen Lage befinden. Noch nie war es möglich gewesen, dass eine Handvoll Menschen einen ganzen Staat aus den Angeln heben können – mit primitiven Handwaffen und ein wenig Flugerfahrung. Lesen Sie unsere Analyse zur Sicherheit des Flugverkehrs im 21. Jahrhundert:

Wir fordern: 1. Sicherung aller Atomkraftwerke gegen Angriffe aus der Luft.  2. Sperrung des Luftraums im weiten Umkreis der Atomkraftanlagen für den zivilen Flugverkehr.  3. Der Flugverkehr ist zur Risikosenkung in seinen Dimensionen eher zu beschränken als auszuweiten. 4. Passagiere müssen auf Nichtmetallwaffen hin untersucht werden. 5. Das Handgepäck ist im Interesse der Sicherheit vollständig zu untersagen. 6. Die Mitarbeiterzu- und -ausgänge sowie die Lieferanteneinfahrten sind so zu gestalten, dass kein Unbefugter das Gelände betreten kann. 

Sicherheit kostet Geld, aber vor dem Geld kommt das Leben der Bürger in der Region. Bevor Sicherheit nicht hergestellt ist, ist eher an einen Rückbau des Flughafens zu denken als an seinen Ausbau.

 

Presseberichte

Der Spiegel hat mit seinen Recherchen eine Lawine losgetreten. Die Presseberichte aber zeigen: außer der Offenbach Post und der Frankfurter Neuen Presse reduzieren alle Zeitungen das Sicherheitsproblem von Fraport auf ein paar Mängel bei D.Logistics. Die Fahrt des Journalisten Christian Riethmüller von der Offenbach Post, am Samstag, aber hatte gezeigt: Ganz Fraport hat seit dem 11. September 2001 selig geschlafen und entgegen sämtlichen offiziellen Verlautbarungen stehen nach wie vor sämtliche Tore der Arbeitsstätte Fraport sperrangelweit und für JEDEN offen. Da nützt auch das Herumwinden von Lufthansa Cargo nichts. Gerade diese Fluggesellschaft, die Billigdienstleister en masse nach Fraport holt, hat zusammen mit der Fraport AG die Verantwortung auf Deutschlands angeblich größter Arbeitsstätte. Beide zusammen haben einvernehmlich auf Kontrollen an den Zugängen zum Betriebsgelände verzichtet und tun dies auch weiterhin.

Es ist immer noch viel zu einfach, einen ähnlichen Anschlag wie am 11. September in New York zu wiederholen. Das ist der eigentliche Skandal. Vielen, die auf Fraport arbeiten, waren und sind diese Mängel bekannt. Die Öffentlichkeit ist über Monate hinweg über den wahren Zustand getäuscht worden. Wir dokumentieren die Presseberichte auch als Beleg für die Kurzatmigkeit und Blindheit der Medien. Wach war - zusammen mit dem Spiegel - nur die Offenbach Post und die Frankfurter Neue Presse.

 

Offenbach Post vom 18. Februar 2002

Einen Ausweis will am Flughafen niemand sehen

Einen Ausweis will am Flughafen niemand sehen

Der Test zeigt: Es ist ein Kinderspiel, im Personalbus in den Frachtbereich zu kommen / Sicherheitslücken auch bei Firma

Von Christian an Riethmüller

Frankfurt - Ein strahlender Sonnentag, ein Tag für einen Ausflug. Vielleicht aber auch ein Tag, um ein Flugzeug zu entführen oder zu manipulieren. Der 11. September 2001 war auch ein strahlender Sonnentag, und spätestens seither weiß die Welt, dass Flugzeuge eine verheerende Waffe sein können. Die meisten Flughäfen haben inzwischen ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Doch können Flughäfen überhaupt ausreichend gesichert werden? Vor allem, wenn sie Ausmaße wie in Frankfurt haben, wo 60 000 Menschen arbeiten? Kritiker sagen nein.

Ein Selbstversuch am Samstag zeigte: Es ist ein Kinderspiel, am Frankfurter Flughafen bis nahe ans Vorfeld zu kommen - ohne Ausweiskontrolle, ohne Identitätsprüfung. Man muss nur am Terminal 1 in einen Personalbus steigen und lässt sich etwa zum Lufthansa Cargo-Center (LCC) bringen, wo einen lediglich ein Zaun oder Frachthallen von Flugzeugen und Rollbahnen trennen.

Ein freundlicher Busfahrer hatte dem Reporter den Weg zur Haltestelle neben dem Ankunftssteig B6 gewiesen, von wo der Bus EXT 65 die verschiedenen, im Westen gelegenen Tore des Flughafens ansteuert. Es ist kein Ausweis nötig, um diesen Bus zu benutzen. Es kümmert sich auch niemand darum, was die Mitfahrenden bei sich führen. Warum auch? Flugbegleiter mit Koffern benutzen die Busse ebenso wie Angestellte und Arbeiter, die in Rucksäcken und Taschen ihre Brotzeit transportieren.

Bei Tor 25 fährt der Bus aufs Flughafengelände. Er passiert die Sicherheitsschranke, um auf dem Gelände gelegene Haltestellen anzufahren. Man kann an jedem Halt aussteigen, ohne behelligt zu werden. Um eine Ausrede bräuchte man aber auch nicht verlegen sein. In diesem Teil des Flughafens ist zum Beispiel die Tierstation, wo arme Viecher ihre Quarantänezeit absitzen. Vielleicht will man ja nur seinen Lumpi besuchen oder abholen. Vielleicht ist man aber auch auf dem Weg zu einem der vielen Büros der Luftfrachtuntemehmen und Speditionen, um wichtige Zollformalitäten zu erledigen.

Am vergangenen Samstagnachmittag bestand kaum die Gefahr, von jemand, nach dem Woher und Wohin befragt zu Werden. Wie ausgestorben wirkte das Gelände. Dann und wann tauchte ein Lastwagen auf, um eine der Frachthallen anzufahren, von denen einige offen standen. Manche waren menschenleer. Auch auf dem durch einen Zaun abgetrennten Teil des Vorfeldes rührte sich kaum etwas. Manchmal fuhr ein Gabelstapler oder Transporter vorbei. In einer Ecke des Geländes befindet sich ein Wendepunkt für die Busse und ein Parkhaus. An einem Drehkreuz weist ein Schild darauf hin, dass aus Sicherheitsgründen stets der Ausweis sichtbar zu tragen sei. Das Kreuz selbst ist nur mit einer Magnetkarte zu öffnen. Doch man muss nicht Mitglied einer Kunstturnriege sein, um dieses Tor übersteigen zu können. Man könnte aber auch blitzschnell mit einem Spezialwerkzeug ein Loch in den Drahtzaun schneiden. In dieser Ecke würde es wohl niemandem auffallen. Sicherheitspersonal patrouilliert hier offenbar nicht. Praktischerweise fährt auf der anderen Seite des Zaunes ein Bus zu verschiedenen Flugzeughallen ab.

Flughafenmitarbeitern ist diese neuralgische Stelle bekannt. Zwar seien zu den Flugzeugen meist noch einige hundert Meter zurückzulegen, doch "die nötige Entschlossenheit vorausgesetzt", wäre diese Distanz sicher zu bewältigen. Auch würde eine einzelne Person unter all dem Servicepersonal auf dem Vorfeld nicht weiter auffallen.

Eine weitere Sicherheitslücke dokumentiert heute der "Spiegel". Dem Magazin zufolge setzte das Unternehmen "D-Logistics", das ein Drittel der Luftfracht von Lufthansa-Cargo abwickelt, mehrfach Mitarbeiter ein, deren Sicherheitscheck nicht abgeschlossen war.

 

Spiegel vom 18. Februar 2002

LUFTFAHRT

Mentalität von Sklavenhaltern

Am Frankfurter Flughafen verstieß eine der größten deutschen Logistikfirmen gravierend gegen Sicherheitsvorschriften zur Terrorabwehr

Schon kurz nach den Terroranschlägen in den USA demonstrierte der Frankfurter Flughafenchef Wilhelm Bender wieder Selbstvertrauen. Ängstliche Passagiere beschwichtigte er in Interviews, in Sachen Sicherheit sei Deutschlands größter Airport "absolut Spitze". Selbst dort, wo es "Schlendrian" gegeben habe, sei man "aufgewacht". Alle Mitarbeiter seien "hoch motiviert", die Luftreisenden vor Anschlägen zu schützen.

Manche der rund 270 Arbeiter der Firma D. Logistics, die in Frankfurt im Auftrag von Lufthansa Cargo rund ein Drittel von deren Luftfracht abwickelt, fragen sarkastisch, von welchem Flughafen Bender redet. Betriebsräte werfen dem Konzem (etwa 8000 Mitarbeiter, rund 580 Millionen Euro Umsatz) vor, aus Profitinteresse die Sicherheitsbelange zu vernachlässigen. Obwohl die im Lufthansa-Auftrag agierenden Dienstleister denselben Sicherheitsstandards unterliegen wie die deutsche Vorzeige-Fluggesellschaft, wurden die Auflagen bei D. Logistics offenbar nicht allzu ernst genommen. Das Unternehmen verstieß in Dutzenden von Fällen gegen zwei der wichtigsten Sicherheitsvorschriften von Lufthansa.

Regel eins: Mitarbeiter dürfen laut einem internen Merkblatt erst dann eingestellt werden, wenn eine polizeiliche Überprüfung negativ ist. Das Frankfurter Polizeipräsidium kontrolliert bei allen Neueinstellungen, ob die Mitarbeiter in den letzten fünf Jahren wegen Eigentums-, Vermögens-, Urkundsdelikten oder Verstößen gegen das Waffen- und das Betäubungsmittelgesetz aufgefallen sind. Doch bei D. Logistics wurden immer wieder Arbeiter eingesetzt, deren Überprüfung noch nicht abgeschlossen war. 

Regel zwei: Ausscheidende Beschäftigte müssen ihre Dienstausweise am Ende des Arbeitsverhältnisses sofort abgeben. Anders bei D. Logistics. Allein im vergangenen Jahr versäumte es die Firma in etwa 6o Fällen, die noch gültigen Ausweise von ehemaligen Mitarbeitern einzuziehen. Die Schlamperei flog intern erst auf, als der Betriebsrat Anfang Dezember letzten Jahres eine vom Lufthansa-Werkschutz aufgestellte Ausweisliste mit der aktuellen Personalliste von D. Logistics verglich. Auf Drängen der Mitarbeitervertretung wurden die vagabundierenden Ausweise am 11. Dezember gesperrt.

Der Logistikkonzern ignorierte aber vor allem, selbst kurz nach den Terrorangriffen, die Sicherheitsregel Nummer eins: Anfang November wurde der Türke Cetin K. als Frachtarbeiter eingestellt, obwohl die Polizei noch nicht grünes Licht gegeben hatte. Ausgestattet mit einem vorläufigen Ausweis konnte K. unbehelligt in der Frachthalle arbeiten, bis ZUM 20. November. Dann musste er gehen - weil er der Polizei einschlägig bekannt war. In den beiden ersten Februarwochen arbeiteten bei D. Logistics am Flughafen laut Betriebsrat mindestens zehn Frachtabfertiger ohne Sicherheitsüberprüfung. Der Werkschutz stellte den Jobanwärtern auf Antrag von D.Logistics vorläufige Tagesausweise aus. Die blauen Karten erlauben den Arbeitern zwar keinen Zugang zu den Flugzeugen. Ansonsten können sie sich damit aber im Frachtzentrum bewegen.

Harald Krämer, Betriebsratsvorsitzender von D. Logistics, ärgert sich mit seinen Kollegen schon lange über das Management, das aus "reinem Gewinninteresse" Sicherheitsmängel in Kauf nehme. Da die meisten Arbeiter "extrem schlecht" bezahlt würden, kritisiert Krämer, gebe es in der Firma mit rund 15 Prozent einen "überdurchschnittlich hohen Krankenstand und eine starke Fluktuation". Deshalb müssten oft "auf die Schnelle" neue Arbeitskräfte angeheuert werden, was wegen der "miesen Stundenlöhne" schwierig sei. Anstelle des bei der Lufthansa tarifvertraglich garantierten Lohns von rund 9,20 Euro pro Stunde zahlt die nicht tarifgebundene D.Logistics etwa 3 Euro weniger. Schon voriges Jahr beklagten D.-Logistics-Arbeiter in einer Protestresolution die "Sklavenhaltermentalität" von Vorgesetzten.

Dietrich Seidl, Sprecher von Lufthansa Cargo, räumte vergangene Woche die "Sicherheitslücke" ein. Tagesausweise seien offenbar entgegen der Vorschriften dazu benutzt worden, Arbeiter vor Abschluss der Sicherheitsüberprüfung einzusetzen. Die Konsequenz: Ohne polizeiliche Freigabe darf der Werkschutz seit letztem Donnerstag keine vorläufigen Ausweise mehr ausstellen.

Judith Huppert, D.-Logistics-Sprecherin, behauptete dagegen, die Firma habe sich an die "Anweisungen von Lufthansa Cargo gehalten«. In "Einzelfällen" komme es allerdings schon mal vor, "dass ausscheidende Mitarbeiter ihre Ausweise nicht abgeben". WILFRIED VOIGT

 

Frankfurter Neue Presse vom 18. Februar 2002

Frachtfirma verletzte die Vorschriften

Wie Sicher ist der Flughafen ?

Von Joachim Heidersdorf

Frankfurt. Das Thema hängt ganz hoch. Aus dem Frankfurter Flughafen dringt dazu kein Wort. "Wir sind nicht befugt", teilt Fraport Sprecher Wolfgang Schwalm knapp der FNP mit. Es geht um "die Abwehr äußerer Gefahren im Luftverkehr" - das ist Sache des Bundesinnenministers. Und im konkreten Fall muss zunächst. das Hessische Innenministerium die Frage beantworten, wie die Mitarbeiter der Airport-Dienstleister überprüft werden. Oder genauer: warum sie nicht ausreichend kontrolliert worden sind.

Darüber rätseln seit einigen Tagen auch die Verantwortlichen am Flughafen. Auf Rhein-Main ist in den vergangenen Wochen wiederholt gegen Sicherheitsvorkehrungen zur Terrorabwehr verstoßen worden. Der Wallauer Konzern D.Logistics AG hat Arbeiter, beschäftigt, deren Sicherheitsüberprüfung noch nicht abgeschlossen war.

Entsprechende Informationen des Spiegel" bestätigt die Lufthansa Cargo. "Wir sind aus allen Wolken gefallen", sagte Unternehmenssprecher Dietrich Seidl gestern der FNP. Er gibt die Missstände unumwunden zu. Die Sicherheitslücke", so versichert Seidl, ist aber inzwischen geschlossen worden. Ab sofort dürfen im Frachtzentrum nur noch Personen arbeiten, die das Okay des Lufthansa-Werkschutzes haben. Der Werkschutz prüft künftig in jedem Fall, ob die so genannte Unbedenklichkeitsbescheinigung der Polizei vorliegt. Das war bisher nicht der Fall. Die Tochtergesellschaft der Kranich-Linie verließ sich auf ihre Geschäftspartner, Die Fremdfirmen haben glasklare Anweisungen, welche Leute sie auf unserem Gelände einsetzen dürfe", erläutert Seidl. Die Sicherheitsüberprüfung sei die erste Voraussetzung.

Wie lange und wie häufig D.-Logistics die Vorschriften verletzte, kann die Lufthansa Cargo noch nicht sagen. "Wir werden die Sache detailliert klären", kündigt Seidl an. Die durch die Vergabe von blauen Tagesausweisen ermöglichte Schlamperei sei erst in der vergangenen Woche entdeckt worden.

D.-Logistics, das mit 250 bis 280 Mitarbeitern in Frankfurt etwa ein Drittel der Luftfracht der LH-Cargo abwickelt, hat laut "Spiegel" in Dutzenden von Fällen gegen zwei der wichtigsten Sicherheitsauflagen verstoßen. Neue Beschäftigte dürfen demnach erst nach dem polizeilichen Check eingestellt werden. Dabei prüfen die Beamten, ob die Bewerber in den letzten fünf Jahren strafrechtlich aufgefallen sind. Ausscheidende Kollegen müssen ihre Dienstausweise sofort abgeben. Die Logistikfirma, so heißt es im "Spiegel", ignorierte wiederholt beide Regeln. Allein im Vorjahr seien etwa 60 Ausweise von Ex-Mitarbeitern nicht eingezogen worden, und in den beiden ersten Februarwochen hätten am Flughafen nach Angaben des Betriebsrats mindestens zehn Frachtabfertiger ohne grünes Licht der Polizei gearbeitet. Im November 2001 war bei einer Kontrolle ein der Polizei einschlägig bekannter Türke aufgeflogen.

D.-Logistics-Betriebsratsvorsitzender Harald Krämer beschuldigt das Unternehmen im Nachrichtenmagazin, die Sicherheitsbelange aus reinem Profitinteresse zu vernachlässigen. Weil die meisten Arbeiter extrem schlecht bezahlt seien (Stundenlohn etwa 6,20 Euro statt 9,20 Euro bei der Lufthansa), gebe es in der 8000-köpfigen Belegschaft mit rund 15 Prozent einen hohen Krankenstand und eine relativ hohe Fluktuation.

Deshalb müssten oft auf die Schnelle neue Leute angeheuert werden. Der Konzern nahm gestern keine Stellung zu den Vorwürfen.

 

Frankfurter Neue Presse vom 18. Februar 2002

Ansichtssache

Riskante Schlamperei

Die Erkenntnis ist alt, schockiert aber jedes Mal neu. Die Frage: "Wie konnte das passieren?" stellt man sich immer erst hinterher. Meistens, wenn es zu spät ist. Von daher sind die Verantwortlichen am Flughafen in diesem Fall, Gott sei Dank, mit einem blauen Auge davon gekommen. Natürlich gibt es keine totale Sicherheit. Die jetzt bekannt gewordene Schlamperei zeigt jedoch auf erschreckende Weise, wie leicht die Sicherheitsbestimmungen im Airport umgangen werden können. Da bedurfte es noch nicht einmal einer Spur Raffinesse, um ins Frachtzentrum vordringen zu können. Während die Passagiere vor dem Betreten einer Maschine zu Recht sorgsam abgetastet werden, geht es hinter den Kulissen anscheinend weniger streng zu.

Der größte der dort tätigen Dienstleister verteilte großzügig Freikarten; angeblich auch an dubiose Mitarbeiter, zumindest an solche, deren Überprüfung noch nicht abgeschlossen war.

Genau so unglaublich, wie gutgläubig die Lufthansa dieses gefährliche Spiel geduldet hat. Es reicht halt nicht, strenge Vorschriften zu erlassen, Sie müssen auch penibel kontrolliert werden! Das hat die Fluggesellschaft nicht immer getan, weil sie sich auf ihre Geschäftspartner verlassen hat. Vertrauen ist gut, Kontrolle unumgänglich. Gerade beim Thema Sicherheit.

 

Süddeutsche Zeitung vom 18. Februar 2002

Sicherheitslücken am Flughafen Frankfurt

Hamburg (AP) - Auf dem Frankfurter Flughafen ist wiederholt gegen Sicherheitsvorkehrungen zur Terrorabwehr verstoßen worden. Wie Der Spiegel berichtete, setzte die Logistikfirma D.-Logistic mehrfach Arbeiter ein, deren Sicherheitsüberprüfung noch nicht abgeschlossen war. D.-Logistics wickelt ein Drittel der Luftfracht von Lufthansa Cargo ab. Dessen Sprecher Dietrich Seidl betonte, es gebe "glasklare Anweisungen" der Fluggesellschaft, was Sicherheitsprüfungen angehe. Die Missstände bei D.-Logistics seien sofort behoben worden. Seidl bestätigte den Bericht über Sicherheitslücken. Dem Spiegel zufolge wurden Jobanwärtern bei D.-Logistics Tagesausweise ausgestellt, mit denen sie sich im Frachtzentrum bewegen konnten. In Einzelfällen hätten Arbeiter mit einem solchen Ausweis später - nach nicht bestandener Sicherheitsprüfung entlassen werden müssen, hieß es unter Berufung auf den Betriebsratsvorsitzenden Harald Krämer. Krämer warf der D.-Logistics-Geschäftsleitung vor, die meisten Arbeiter extrem schlecht zu bezahlen und dafür starke Fluktuation in Kauf zu nehmen. Unterdessen berichtete Focus, dass das Bundesverkehrsministerium kein Geld übrig habe für ein von den USA vorgeschlagenes Programm zur Verbesserung der Flugsicherheit. Daß nach sollen Kontrolleure weltweit Flughäfen auf ihre Sicherheit überprüfen.

 

Frankfurter Rundschau vom 18. Februar 2002

Flughafen

Subunternehmen stellte Personal ohne Prüfung ein

Die Firma D.Logistics, die am Flughafen im Auftrag der Lufthansa Cargo operiert, soll bei der Einstellung von Arbeitern gegen die strengen Sicherheitsauflagen verstoßen haben. Das Subunternehmen habe einige Mitarbeiter eingesetzt, deren polizeiliche Überprüfung noch nicht abgeschlossen gewesen sei, sagte ein Sprecher von Lufthansa Cargo. Er bestätigte damit einen Spiegel-Bericht. Es gebe die klare Anweisung für Subunternehmen, dass Mitarbeiter ohne eine Nachfrage bei der Polizei nicht eingestellt werden dürfen, sagte der Sprecher weiter. Lufthansa Cargo werde nun jeden Mitarbeiter bei beauftragten Unternehmen selbst überprüfen.

Der Spiegel berichtet, dass im Februar zehn Frachtabfertiger ohne Sicherheitsüberprüfung bei D.Logistics gearbeitet hätten. Im November sei ein Frachtarbeiter aufgeflogen, der der Polizei einschlägig bekannt gewesen sei. Außerdem sei herausgekommen, dass im vergangenen Jahr 60 ausscheidende Mitarbeiter ihre Dienstausweise nicht abgegeben hätten. Der Betriebsrat von D.Logistics habe erklärt, dass die Fluktuation wegen der extrem schlechten Bezahlung hoch sei, weswegen oft auf die Schnelle neue Kräfte angeheuert würden. Ihe / vo

 

Frankfurter Rundschau vom 19. Februar 2002

Probleme am Flughafen, D.Logistics stürzt ab

Unternehmen schlampte bei der Sicherheitsüberprüfung

Von Volker Schmidt

D.Logistics in Hofheim steht unter Druck: Der Logistikdienstleister beschäftigt am Frankfurter Flughafen Personal, das nicht vorschriftsgemäß überprüft wurde. Am Montag legte die Aktiengesellschaft so schwache Zahlen für 2001 vor, dass der Kurs um rund 40 Prozent abstürzte.

HOFHEIM. Der Geschäftsbereich Mrport Services" ist kein Liebling der D.Logisties: Nach dem 11. September und in der schwachen Konjunktur gehen die Luftfracht-Geschäfte schlecht, In den vorläufigen Unternehmenszahlen für 2001 steht der Bereich, neben der Sparte IT/E-Commerce, als Sündenbock für das gegen Null gehende Ergebnis da.

D.Logistics erledigt am Flughafen für Lufthansa Cargo rund ein Drittel der "Frachtbewegung am Boden", inklusive Bearbeitung von Dokumenten und Klassifizierung von Gefahrgütern, so D.Logisties-Sprecherin Judith Huppert. Beschäftigte dürfen erst eingestellt werden, wenn die Polizei sie überprüft hat - da gibt es ein klare schriftliche Anweisung", sagt Lufthansa-Cargo-Sprecher Dietrich Seidl.

Der Betriebsratsvorsitzende der D.Logistics, Harald Krämer, wirft seiner Firma vor, die Regel mehrfach missachtet zu haben. Krämer: D.Logistics ist eine New-Economy-Firma, die setzen sich über viele Dinge hinweg.« Seidl bestätigt, dass D.Logistics bei Einstellungen das Ergebnis von Überprüfungen nicht abgewartet hat.

Huppert kann nicht sagen, wie oft am Flughafen geschlampt wurde. Die Zahl der Beschäftigten am Flughafen schwanke stark, je nach Kundenbedarf In Einzelfällen« seien Tagesausweise an nicht überprüfte Mitarbeiter ausgestellt worden ,eine Sicherheitslücke, die wir geschlossen haben".. Seidl bestätigt, dass auch Tagesausweise jetzt erst nach polizeilicher Überprüfung ausgestellt werden. In anderen Fällen, so Huppert, seien Beschäftigte nicht mehr zur Arbeit erschienen, ohne ihre Ausweise abzugeben. Die Firma versuche dann, sie ausfindig zu machen, oder lasse die Ausweise sperren.

Dass sich D.Logistics derzeit erneut um Vertrage mit Lufthansa Cargo bewerben muss, stehe in keinem Zusammenhang mit den Vorwürfen, geben übereinstimmend Seidl und Huppert an. Es werde regelmäßig neu ausgeschrieben. Auswirkungen der Sicherheitslücken auf die Verhandlungen befürchtet Huppert nicht; Seidl will sich dazu nicht äußern. Krämer kritisiert, dass die nicht tariflich gebundene D.Logistics am Flughafen den Beschäftigten, die oft nicht gut Deutsch sprächen, 7,67 Euro statt des Tariflohns von 9,20 Euro zahle. Huppert kontert, Krämer schade er Kritik dem Unternehmen. Er selbst sei für Sicherheitsfragen verantwortlich und habe ihres Wissens nie den Vorstand kontaktiert, jedenfalls nicht den amtierenden.

Der allerdings ist erst seit 6. Februar da: Ernst Gumrich ersetzte als Vorsitzender den Firrnengründer Detlef Hübner (die FR berichtete). Der sei ein Visionär", aber "nicht der Mann, der pragmatisch einen Schritt nach dem anderen tut, um ein Unternehmen zu konsolidieren", so Huppert. Die groß gewordene" (rund 8000 Beschäftigte) D.Logistics brauche einen anderen Typus" von Chef.

D.Logistics erwartet nach den vorläufigen Zahlen für 2001 ein Vorsteuerergebnis (EBIT) zwischen null und vier Millionen Euro. Auf´s Ergebnis drücken mit rund 19 Millionen Euro neue Beteiligungen, die weniger wert sind als gedacht. Für Details ist es laut Huppert zu früh; die endgültigen Zahlen werden am 26. März vorgelegt.

Wie schon vor Bekanntgabe der Quartalszahlen im September kam es am vergangenen Freitag zu einer starken Kursbewegung" der Aktie, wie Judith Huppert formuliert: Offenbar wollte da jemand Aktien loswerden, bevor die schlechten Zahlen den Kurs drücken würden. Der Kreis derer, die für einen Insiderhandel in Frage kämen, sei überschaubar", so Huppert. Das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel ermittelt.

OF - Offenbach ohne Fluglärm